Lange Jahre meines Lebens und meiner Berufstätigkeit war ich ein hochfunktionale Maschine, die 24/7 auf 100% lief. Man konnte mich zu jeder Zeit mit irgendwelchen Problemen konfrontieren und ich habe Lösungen gefunden. Jeden Schuh der Verantwortung, der irgendwo rumlag, habe ich mir angezogen. Arbeitgeber lieben solche Mitarbeiter, was mir auch eine nennenswerte Karriere beschert hat.
Das Ganze hatte aber auch einen hohen Preis, da ich nur immer im Außen und nie bei mir war. Selbst bei den Menschen, die ich liebe, war ich immer nur semi-präsent, da ja immer eine wichtige Aufgabe in meinem Hirn auf eine Lösung wartetet.
Irgendwann habe ich dann beschlossen mich auch mal wenigstens stundenweise um mich selber zu kümmern. Die weitere Entwicklung führte mich über die Reiki-Grade zu meiner Lehrerausbildung. Mein erklärtes Ziel war vom funktionieren in die Lebensfreude zu kommen. Ich habe damit auch ziemlich ernst gemacht, da ich meinem mittlerweile sehr gut bezahlten Job hingeworfen habe. Ich habe versucht mich und meine Berufstätigkeit neu, im Sinne der Lebensfreude, zu erfinden.
Nach mehreren Stationen habe ich aber gemerkt, dass es keinen Job gibt, in dem man nur reine Lebensfreude praktizieren kann. Immer gibt es was zu erreichen, selbst in den sozialen Tätigkeiten, die ich ausprobiert habe. Dazu kommt, dass eins meiner größten Talente meine Organisationsfähigkeit ist.
Und jetzt bin ich in einem Job, in dem mein Organisationstalent eins meiner wichtigsten Werkzeuge ist. Als Projektmanager ist dieses Talent sehr gefragt und damit auch meine Funktionalität. Es müssen Pläne gemacht werden, Termine eingehalten und Leistungen von anderen rechtzeitig eingefordert werden.
Mission gescheitert? Wenn ich so arbeiten würde wie früher, definitiv. Ich habe für mich gelernt, dass Funktionalität eine nützliche Ressource ist, wenn man den Ausschalter findet. Es kostet mich aber auch heute noch immer wieder Kraft und gesteigerte Aufmerksamkeit nicht in die alten Muster zurück zu fallen.
Ich habe meine Verantwortung begrenzt, indem ich keine Leitungsfunktion mehr übernommen und meine Arbeitszeit reduziert habe. Jetzt bin in der Lage am Wochenende oder im Urlaub nicht ans Telefon zu gehen oder Emails zu beantworten bzw. die Kommunikationskanäle komplett auf andere umzuleiten. Ich kann zwischen Funktionalität und einem Leben im Hier und Jetzt wählen und wechseln.
Und die Lebensfreude, wo ist die geblieben?
Ich habe gelernt, die Lebensfreude kommt genauso wenig durch die äußeren Umstände wie die Funktionalität durch diese verschwindet. Lebensfreude ist eine Aufgabe. Ich muss die Gelegenheit dafür schaffen und dann bei mir sein. Dann wird ein Sonnenaufgang zu einem Moment der Lebensfreude statt zu einem Fotomotiv, dass ich auf Facebook poste, dann wird aus einer Fahrradtour keine sportliche Leistung, die ich mit anderen Touren vergleiche, sondern viele Momente voller Freude in der Natur. Aus Schwimmen im Mittelmeer wird die Verbundenheit mit dem Meer, dem Himmel über mir und mit der Freude eins mit all dem zu sein.
Zwölf Jahre nach meinem Lehrerabschluss kann ich sagen, dass Funktionalität und Lebensfreude kein entweder oder sind. Die Kunst, die es zu lernen gibt, ist die auszusteigen und abzuschalten. Immer wieder bei sich anzukommen und von dort aus nicht wieder an der nächsten Ecke in die Funktionalität abzubiegen. Regelmäßige Meditation hilft mir, immer mehr bei mir zu sein und den Gedanken des Tuns widerstehen zu können.
Lebensfreude ist eine Entscheidung!
Es gibt viele erwartbare und unerwartete Momente, die zu Gelegenheiten der Lebensfreude werden können. Ein fröhliches Essen mit Freunden oder ein stiller Moment in der Natur, eine neue oder eine bekannte liebgewordene Situation, immer habe ich die Chance mich einzulassen, bei mir und ganz in der Situation zu sein.
Und dann ist sie plötzlich da, die Lebensfreude!